Der Letzte Sommer – Sid Kays Jazz Band in Berlin 1932
Der Film zeigt Szenen aus Berlin im Sommer 1932. Am Schluß spielt die Bigband „Sid Kays Fellows“ im Berliner Varieté „Haus Vaterland“. „Sid Kays“ ist die Zusammensetzung der Namen Sigmund „Sid“ Petruschka alias Leo Friedmann und Kurt „Kay“ Kaiser.
Varieté in Berlin 1932. Foto: Historiathek
„Ich hasse das unnatürlich Tempo, diese überflüssige Hetzerei, die keinem Menschen von Verstand erlaubt, einen Gedanken zu Ende zu denken, weil der Anfang schon in der Linotype steckt“
„Redaktion – Schwanneke’s Bar – Zu Hause – Café -Kino – Redaktion – Schwanneke“, sagte ich. „Zwischen diesen Stationen vollzieht sich der geistige Pendelverkehr des Berliner Intellektuellen.“
„Ziemlich unterhaltsame Stationen immerhin“…
Sid Kays Fellows im Varieté Vaterland in Berlin 1932. Foto: Historiathek
Varieté „Haus Vaterland“ in Berlin 1932 Foto: Historiathek
Das Label „Lukraphon“ mit einer Schallplatte der Sid Kays Fellows: Jiddische Volkslieder.
Die Filmaufnahmen aus Berlin im Sommer 1932 zeigen gewissermaßen den „letzten Sommer“ vor der Machtergreifung der Nationalsozialisten. Die aufgeladene Atmosphäre in der Stadt kommt in einer kurzen Szene zum Ausdruck, in der die Kamera ein Polizeiauto begleitet. Aufnahmen von Zeitungsverkäufern ließen die Filmaufnahmen genauer datieren. Auf einer Zeitung heißt es im Titel, „Papens zweites Gespräch mit dem Nazi-Führer“.
Der Tag an dem von Papen, Hitler und Hindenburg konferieren
Über diese Besprechung und die vorangegangene Unterredung zwischen Papen und Hitler wurde am Abend des 13. August 1932 das folgende amtl. Kommuniqué herausgegeben: „Reichspräsident von Hindenburg empfing heute nachmittag in Gegenwart des Reichskanzlers von Papen den Führer der NSDAP Adolf Hitler zu einer Besprechung über die politische Lage und die Frage einer Umbildung der Reichsregierung. – Der Reichspräsident richtete an Hitler die Frage, ob er bereit sei, selbst sowie mit anderen geeigneten Persönlichkeiten der NSDAP in die von dem Reichskanzler von Papen geleitete Regierung einzutreten. – Herr Hitler verneinte dies und stellte an den Herrn Reichspräsidenten die Forderung, ihm die Führung der Reichsregierung und die gesamte Staatsgewalt in vollem Umfange zu übertragen.“ Die Forderung Hitlers wurde von Hindenburg abgelehnt.
Das Filmmaterial zeigt das Straßenleben in Berlin im August 1932. Die Polizei ist auf dem Weg zu einer kommunistischen Kundgebung. Die Zeitungsleute verkaufen eine Zeitung, in der das zweite Treffen von Hitler und Hindenburg die Schlagzeile ist. Auf den Straßen und in den Cafés kümmern sich die Menschen nicht um die politischen Vorgänge.
Jüdische Künstler im Berliner Nachtleben
Das Material zeigt auch Szenen aus dem Nachtleben Berlins. Darunter Aufnahmen aus dem Varieté „Haus Vaterland“. Im Hintergrund spielt die Jazz Combo „Sid Kays Fellows“. Die Band war erstmals in dem Stummfilm „Die Büchse der Pandora“ zu sehen, den Georg Wilhelm Pabst in Berlin 1928 nach einer Romanvorlage von Frank Wedekind gedreht hatte. Auf der Basstrommel der Kapelle, die eine Hochzeitsszene im Film begleitet, ist „Sid Kays Fellows“ zu lesen. Ähnlich wie auf den Aufnahmen aus dem Haus Vaterland. Die Band wurde 1926 von Sigmund „Sid“ Petruschka (Sigmund Leo Friedmann *15.03.1903 Leipzig; †14.12.1997 Jerusalem ) und Kurt „Kay“ Kaiser (1906-1972?) gegründet. 1938 emigrierte Petruschka nach Palestina. Als Shabtai Petrushka wurde er nach 1948 Dirigent von Radio Israel.
Hier noch weitere Bilder aus dem Material:
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